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Willkommen in der Digitalen Renaissance - Part 1

Menschen sollen sich scannen identifizieren lassen, während KI wieder dümmer wird

Menschen sollen sich scannen identifizieren lassen, während KI wieder dümmer wird

Zwei Schlagzeilen haben mich letzte Woche aufhorchen lassen.

  1. Künstliche Intelligenz wird immer dümmer

  2. Worldcoin lanciert einen Orb der Menschen identifiziert durch einen Scan

Warum dieser Zusammenhang beängstigend ist? Weil sich derzeit Millionen scannen lassen und dabei die Grundtechnologie nicht cleverer wird. Aber von vorne - und bleib dran, ich verspreche die nächsten 10 Minuten lohnen sich. Und keine Angst, ich bin immer noch Fan von künstlicher Intelligenz, den Möglichkeiten und Chancen die sich bieten, aber es braucht einen ganzheitlichen Blick der über ChatGPT und reine Begeisterung hinaus geht - ich bin gespannt, wie Du das nach diesem Beitrag siehst. Wenn Du dazu Fragen hast, antworte einfach auf diese E-Mail. Oder wenn Du jemanden kennst, der oder die mehr darüber erfahren sollte, ein Verband, eine Schule oder eine Firma, lass es mich gerne wissen.

Worldcoin scannt Menschen und gibt dafür Tokens als Entschädigung - warum?

Fangen wir an mit Worldcoin, welches letzte Woche gross lanciert wurde nach einer fast 2 jährigen Testphase. Worldcoin ist ein ehrgeiziges “Kryptowährung trifft auf Menschen Identifikation” Projekt. Es wurde unter anderem von Sam Altman, dem CEO von OpenAI, gegründet und hat kürzlich Millionen von Kryptowährungstokens an diejenigen ausgegeben, die dem Objekt - der Worldcoin Orb - erlaubt haben, ihre Iris zu scannen.

Der Orb konvertiert das biometrische Bild in eine unknackbare Zahlenfolge, den sogenannten "IrisCode". In Kombination mit einem Algorithmus bestätigt der Code, dass es sich um einen einzigartigen Mensch handelt und verifiziert dies über eine App auf dem Smartphone.

Worldcoin ist in über 35 Städten weltweit aktiv und führt derzeit eine Welttournee durch, um noch mehr Iris-Scans zu sammeln. Die Orb-Dienste von Worldcoin können auch an verschiedenen Pop-up-Standorten in Anspruch genommen werden.

Aber warum macht Worldcoin all das? Die Idee ist, in einer von Bots und künstlicher Intelligenz dominierten Welt, eindeutige Identitätstools auf Blockchain-Basis bereitzustellen. Die Orb-Technologie soll die einzigartige Darstellung Ihrer Iris als sichere Methode nutzen, um Ihre "Menschlichkeit" zu beweisen.

Während einer zweijährigen Testphase haben sich über 2,1 Millionen Menschen angemeldet. Alle 7,6 Sekunden verifiziert ein einzigartiger Mensch seine World ID, lautet die stolze Aussage des Unternehmens. Diese baut auf der Blockchain der populären Kryptowährung Ether auf. Natürlich soll auch in vielen weiteren Ländern rekrutiert werden: Erklärtes Ziel sind über 1 Milliarde registrierte User:Innen.

Aber fühlt sich das für dich sicher an? Worldcoin versichert, dass dank der Datenschutztechnologie Zero-Knowledge-Beweise niemand - nicht einmal das Unternehmen selbst - deine Identität feststellen kann. Dennoch warnen Kritiker davor, biometrische Daten an private Unternehmen abzugeben.

Würdest du dich für umgerechnet 50 Dollar in Krypto-Token scannen lassen?

Worldcoin verteilte die Tokens mittels eines "Airdrops", was bedeutet, dass sie direkt an die Wallets der berechtigten Empfänger gesendet wurden, statt sie an einer Börse zu listen. US-Nutzer waren aufgrund von regulatorischen Bedenken bisher nicht berechtigt, den Airdrop zu erhalten, aber das könnte sich ändern.

Worldcoin stellt sich eine Zukunft vor, in der die Tokens Teil eines grösseren Ökosystems sind, in dem eine Vielzahl von Diensten Identitäten mit Iris-Scans verifizieren. Das Unternehmen glaubt sogar, dass es Teil eines futuristischen Modells für ein universelles Grundeinkommen werden könnte. Finanziert durch alle Firmen welche Large Language Modelle in Lizenz produzieren und dafür eine Abgabe zahlen.

Und gerade jetzt werden die Modelle leicht dümmer - warum?

KI-Modelle wie GPT-3.5 und GPT-4 haben unbestritten enorme Fortschritte erzielt und sind in der Lage, beeindruckende Leistungen zu erbringen. Doch inmitten dieses Aufschwungs zeichnet sich ein bemerkenswertes Phänomen ab: Die Leistung bestimmter KI-Modelle, insbesondere im Bereich der Chatbots, scheint sich im Laufe der Zeit zu verschlechtern.

Eine Gruppe von Forschenden der Universitäten Stanford und Berkeley hat sich dieses Phänomens angenommen und eine aufschlussreiche Studie veröffentlicht. Die Analyse zeigt, dass die Leistung der KI-Modelle GPT-3.5 und GPT-4 in der Tat "stark variiert", wie die Forscherinnen und Forscher diplomatisch formulieren.

Insbesondere zeigte sich, dass GPT-4, das aktuellste Modell, bei bestimmten Aufgaben im Laufe der Zeit immer schlechter abschnitt. Die Forschenden stellten ChatGPT beispielsweise eine mathematische Frage - ob 17.077 eine Primzahl sei. Überraschenderweise verzeichnete GPT-4 einen massiven Rückgang der Genauigkeit um 95,2 Prozent.

Die Ursachen für diese Verschlechterung sind jedoch alles andere als klar. Mehrere potenzielle Gründe wurden diskutiert, darunter Rückkopplungsschleifen, Unfähigkeit zur Analyse und Verbesserung von KI-Modellen sowie Veränderungen in den Trainingsdaten.

  1. Rückkopplungsschleifen: KI-Modelle werden oft mit Daten trainiert, die bereits von anderen KI-Modellen generiert wurden. Dies kann zu einer Art Rückkopplungsschleife führen, die die Qualität der generierten Inhalte beeinträchtigt.

  1. Schwierigkeiten bei der Analyse und Verbesserung von KI-Modellen: Nach dem Training sind neuronale Netzwerke oft schwer zu verstehen und zu analysieren. Dies bedeutet, dass es schwierig sein kann, Fehler zu beheben und Verbesserungen vorzunehmen.

  1. Änderungen in den Trainingsdaten: Wenn sich die Qualität oder Art der Daten, mit denen KI-Modelle trainiert werden, im Laufe der Zeit ändert, kann dies auch die Leistung der Modelle beeinflussen.

Um diese Probleme zu beheben und die Leistung von KI-Modellen zu verbessern, ist die Implementierung von "erklärbarer KI" wichtig. Erklärbarkeit in KI ermöglicht es uns, die Entscheidungsprozesse eines KI-Modells zu verstehen und zu analysieren.

Obwohl diese Faktoren als mögliche Erklärungen dienen können, haben Experten immer noch keine eindeutige Antwort gefunden. Dies wirft berechtigte Fragen auf, wie gut wir KI-Modelle tatsächlich verstehen und kontrollieren können.

Eines der grössten Hindernisse ist die Komplexität neuronaler Netzwerke, die es oft schwierig machen, die Funktionsweise und Entscheidungsfindung von KI-Modellen nach dem Training zu durchdringen. Die Undurchsichtigkeit dieser Black-Box-Modelle kann die Fehlerbehebung und Optimierung erheblich erschweren. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass die Forschung auf diesem Gebiet voranschreitet, um eine tiefere Einsicht in die Mechanismen dieser Algorithmen zu gewinnen.

Hinzu kommt die kontinuierliche Veränderung der Trainingsdaten. KI-Modelle werden mit riesigen Mengen an Textdaten trainiert, und wenn sich die Qualität oder Art dieser Daten im Laufe der Zeit ändert, kann dies die Leistung der Modelle beeinflussen. Und das wird je länger, je schwerer. Ein langfristiges Monitoring der Daten und kontinuierliche Verbesserungen sind daher unabdingbar.

Es ist jedoch wichtig, zu betonen, dass diese Herausforderungen nicht bedeuten, dass KI insgesamt "dümmer" wird. Es gibt viele Bereiche, in denen KI-Modelle weiterhin beeindruckende Fortschritte machen und uns bei komplexen Aufgaben unterstützen. Dennoch müssen wir die potenziellen Schwachstellen von KI-Systemen verstehen und mit Bedacht anwenden, insbesondere in kritischen Anwendungen wie medizinischer Diagnostik, Verkehrssicherheit und anderen lebenswichtigen Bereichen.

Quo Vadis Mensch und KI?

Ich masse mir nicht an zu wissen, wo die Reise hingeht. Aber ich weiss, es geht nur gemeinsam und im Diskurs. Als Gesellschaft müssen wir das Potenzial der KI schätzen und gleichzeitig ihre Grenzen anerkennen. Eine verantwortungsbewusste und ethische Entwicklung von KI ist unerlässlich, und Unternehmen und Entwickler:Innen sollten die Verantwortung übernehmen, ihre KI-Modelle sorgfältig zu überwachen und regelmässig zu überprüfen - gerade wenn wir unsere biometrischen Daten in die Hände solcher (kommerzieller) Modelle legen.

Die Welt der KI ist dynamisch und steht vor einer aufregenden Zukunft. Indem wir die Herausforderungen der KI mutig angehen, können wir das volle Potenzial dieser Technologie ausschöpfen und gleichzeitig sicherstellen, dass sie zu unserem Wohl und Fortschritt beiträgt. Oder wie siehst Du das?

PS: Wie erwähnt, wenn Du dazu Fragen hast, antworte einfach auf diese E-Mail. Oder wenn Du jemanden kennst, der oder die mehr darüber erfahren sollte, ein Verband, eine Schule oder eine Firma, lass es mich gerne wissen.

Bis dahin, bleib gesund und neugierig. Die Welt braucht Dich.

dein Roger Basler de Roca

PPS: am 18.08.23 spreche ich über die neusten Trends in der künstlichen Intelligenz und wie wir es im Business einsetzen. Im Glattzentrum, ab 18Uhr.

Quellen: